11. Dezember 2012

„Argo“ (2012, Ben Affleck)

Ben Afflecks drittes Regiestück „Argo“ beginnt mit einer sehr ruhigen und zugleich neutralen Einführung in die Geschichte des Iran im 20. Jahrhundert mit Comics im Stile Marjane Satrapis („Persepolis“). Ab hier ist bereits klar, dass dies kein 08/15-Film über die guten USA und den bösen Iran wird, sondern dass es in ihm manch unterschiedliche Schattierungen geben wird. „Argo“ erzählt eine wahre Geschichte:

Iran, 1979: Nach der Islamischen Revolution fordert die Bevölkerung die Auslieferung des in die USA geflüchteten Schahs. In einem von Studenten angeführten Aufruhr werden die amerikanische Botschaft in Teheran gestürmt und die Botschaftsangehörigen als Geiseln genommen. Unbemerkt können sich jedoch sechs Personen in die Residenz des kanadischen Botschafters flüchten, wo sie versteckt auf ihre Heimholung hoffen müssen, während ihnen bei einer Entdeckung die Todesstrafe droht. Beim CIA ist man derweil über die Vorgehensweise ratlos, bis der Spezialist für Geheimoperationen Tony Mendez (Affleck) einen gewagten Plan entwickelt: Mithilfe von Vertrauensmännern in Hollywood (John Goodman, Alan Arkin) soll ein Science-Fiction-Filmprojekt fingiert werden, für welches Drehortbesichtigungen im Iran notwendig sind; die sechs Botschaftsmitarbeiter sollen mit falschen Identitäten als Filmcrew vor aller Augen ausgeflogen werden.

Die Geiselnahme von Teheran, die insgesamt 444 Tage dauerte, ist eines der nationalen Traumata der USA, wenngleich es durch 9/11 ein wenig in Vergessenheit geraten ist. Affleck gelingt mit seinem Film, das ganz konkrete Bedrohungsszenario im Iran ebenso wie die allgemeine Stimmung im Heimatland gut einzufangen. Dabei behilflich ist ihm eine Reihe exzellenter Schauspieler, unter denen neben Goodman und Arkin wie schon öfter vor allem Bryan Cranston („Malcolm mittendrin“, „Breaking Bad“) als Mendez’ CIA-Vorgesetzter hervorragt. Wie bei solchen auf wahren Begebenheiten beruhenden Filmen inzwischen schon gängig, wird mit einem gezielten Casting und der Nachstellung ikonisch gewordener Bilder ein Wirklichkeitsanspruch erhoben, der so manchmal nicht unbedingt angenommen werden darf, und auch „Argo“ kommt nicht um die fast schon unumgängliche Applaus-Szene und die wehenden Stars and Stripes am Ende umhin. Doch selbst diese Szenen sind weit subtiler als die Kost, die einem von Hollywood meist vorgesetzt wird. Wenn aber auch die Beurteilung der politischen Umstände durch die Filmmacher (zu denen als Produzenten auch George Clooney und Grant Heslov zählen) manchmal problematisch erscheinen mag und international bereits für den einen oder anderen Eklat gesorgt hat, so darf man meiner Meinung nach bei einem Film wie dem diesen nicht vergessen, dass es sich um einen Spielfilm und nicht um eine Dokumentation handelt. „Argo“ ist ein Polit- bzw. Spionage-Thriller, versetzt mit einer Prise Komödie (quasi in Umkehrung des „Wag the Dog“-Szenarios), und diese Rolle spielt er hervorragend. Zudem ist er trotz mancher geringer Schwächen ein absolut empfehlenswerter Film über einen Aspekt der Zeitgeschichte, dem auch für das Jetzt eine Aussagekraft innewohnt.

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