4. Februar 2013

„Lincoln“ (2012, Steven Spielberg)

Christoph Waltz hat jüngst in einem Interview zu „Django Unchained“ festgestellt, dass er überrascht war, wie sehr das Problem der Sklaverei, das für ihn als Europäer eine historische Tatsache sei, noch immer in den Köpfen und Herzen der Amerikaner fortlebe. Nur mit diesem Bewusstsein lässt sich verstehen, wieso ein Film wie „Lincoln“ gedreht wird und dann auch noch eine so starke Rezeption erfährt.

„Lincoln“ ist kein Biopic im herkömmlichen Sinne. Im Wesentlichen beschränkt sich die Handlung auf die Geschehnisse im Januar 1865. US-Präsident Abraham Lincoln (Daniel Day-Lewis) möchte noch vor dem erwarteten Sieg im Sezessionskrieg die Sklaverei mittels Verfassungszusatz verbieten lassen. Dabei muss er im Repräsentantenhaus nicht nur gegen die in Opposition befindlichen Demokraten ankämpfen, sondern auch gegen Widerstände in seiner eigenen republikanischen Partei, die sich aus einem konservativen Flügel unter der Führung Francis Preston Blairs (Hal Holbrook) ebenso wie aus einem radikalen Flügel um Thaddeus Stevens (Tommy Lee Jones) zusammensetzt. Um sich das nötige Quorum sichern zu können, muss er auf Vermittlung seines Außenministers William Seward (David Strathairn) auf die Dienste des Lobbyisten William Bilbo (James Spader) zurückgreifen. Daneben plagen ihn aber auch noch familiäre Konflikte mit seiner Frau Mary (Sally Field) und seinem Sohn Robert (Joseph Gordon-Levitt).

Sowohl der historische Ausgang der legistischen Angelegenheit als auch Lincolns persönliches Schicksal dürften allgemein bekannt sein. Trotzdem und auch trotz der Tatsache, dass in erster Linie juristische Feinheiten und Winkelzüge in langen Dialogen ausgebreitet werden, vermag der Film doch einiges an Spannung aufzubauen. Natürlich ist er durchaus auch emotional angelegt, doch wer Spielberg und vor allem dessen Historienfilme kennt, den darf triefender Pathos hier nicht überraschen. Nichtsdestotrotz zählt „Lincoln“ meines Erachtens zu den besseren Filmen des Regisseurs, der wie immer mit seinem angestammten Team antritt. Highlights sind sicher das Produktionsdesign Rick Carters und die Kamera Janusz Kamińskis. Die schauspielerischen Leistungen sind durchwegs hervorragend – wobei Field und Gordon-Levitt zeitweise ein wenig anstrengend sind. Über allen steht natürlich Day-Lewis, der wieder einmal seinem Ruf als Ausnahmeschauspieler gerecht wird. Dass der Film mit seiner Darstellung des politischen Lobbyismus ein derzeit gerade in Österreich aktuelles Thema anspricht, mag zusätzlich für interessante Diskussionen dienen.

Obwohl ich von einigen Personen auch schon sehr negative Beurteilungen vernommen habe, kann ich nicht anders: Meiner Meinung nach ist „Lincoln“ ein durchaus sehenswerter Film.

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